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Abend

Evening
1824
Material / Technik
Ölfarbe
textiler Bildträger
Hartfaserplatte
Kategorie des Exponats
Malerei
Gattung
Landschaftsmalerei
Erwerbungsjahr
1916
Maße
20,00 cm x 27,50 cm
Standort

Nicht ausgestellt

Einstieg

In Caspar David Friedrichs »Abend« fällt sofort der Bildausschnitt ins Auge, denn fast die gesamte Leinwand wird vom Farbspiel des Himmels bedeckt. Die violett verhüllte Erde ist zu einem schmalen Band geschrumpft und der Blick nach oben in die Weite gerichtet. Friedrich bricht hier vollständig mit traditionellen Vorstellungen der Landschaftsmalerei. Fängt der romantische Maler allein die Tageszeit ein oder geht es ihm um viel mehr als nur um eine abendliche Stimmung?

Wie in anderen seiner Landschaftsdarstellungen wird die Natur zum Spiegel menschlicher Gefühle und gleichzeitig zu einem Symbol, das den Menschen – auch uns, die Betrachter des Bildes – übersteigt. Die Erde erscheint unter der Unendlichkeit des Abendhimmels unbedeutend und klein und die Naturschönheit des gelb-violett gefärbten Himmels wirkt überwältigend. Nicht untypisch für Caspar David Friedrichs Bilder, verbirgt sich darin auch eine religiöse Dimension, die sowohl durch die schiere Größe des Himmels angedeutet wird als auch durch die Bildperspektive – den nach oben gerichteten Blick.

Einstieg

What immediately strikes one about Caspar David Friedrich’s »Evening« is the picture excerpt, with almost the entire canvas being filled by the sky and its play of colors. The earth, cloaked in violet, has shrunk to a narrow strip, the viewer’s gaze directed upward into the vastness. Here, Friedrich breaks completely with traditional ideas of landscape painting. Has the Romantic painter simply captured the time of day, or is he concerned with something far more than an evening mood?

As in some of his other landscapes, nature becomes a mirror of human feelings and simultaneously a symbol which transcends the human—including ourselves, the viewers of the painting. The earth appears small and insignificant under the endlessness of the evening sky, while the natural beauty of the yellow-violet sky is overwhelming. Not untypically for Caspar David Friedrich’s pictures, it also harbors a religious dimension, suggested by both the sheer magnitude of the sky and the pictorial perspective: the gaze raised toward the heavens.

Creditline

Kunsthalle Mannheim

Inhalt und Themen
Abend
Landschaft
Himmel
Wolken
Leere
Weite
Licht
polychrom polychromatic
Romantik romanticism
Orange (Farbe)
Violett
Audio file

20 mal 27 ½ Zentimeter! Richtig klein ist es, dieses Ölbild, das der 50-jährige Caspar David Friedrich im Oktober 1824 erschafft, aber welche Weite hält er darin fest! Eine schiefe, milchig-violette Ebene mit einer angedeuteten Baumgruppe liegt tief unter einem schier unendlichen Himmel. Gerade muss die Sonne untergegangen sein, denn das Firmament – oben noch blau – erglüht in der Bildmitte in Gelborange. Purpurne und aprikosenfarbige Wolkenschlieren ziehen von rechts nach links. Der Schimmer des Abendrots färbt die Wolkenstreifen, die im oberen Bilddrittel von links nach rechts vorne zu schweben scheinen, rosig ein. Zwei gegenläufige Bewegungen entstehen. Sie machen den Zauber dieses Bildes aus. Der Maler, Zeichner und Radierer Friedrich hat den Höhepunkt seiner Karriere bereits hinter sich, als er diese Abendstimmung festhält. Der 1774 in der pommerschen Hanse- und Universitätsstadt Greifswald geborene Künstler gilt als der romantische Landschaftsmaler überhaupt. Immer wieder zeigt er das magische Zwielicht von Morgengrauen und Abenddämmerung, immer wieder Wolken, mondhelle Nächte, abgründige Nebellandschaften. Seine Bildsprache strebt nach Transzendenz, sucht die göttliche Schöpfung in der Natur festzuhalten. „Heilig sollst du halten jede Regung deines Gemütes, heilig achten jede fromme Ahndung, denn sie ist Kunst in uns! In begeisternder Stunde wird sie zu anschaulichen Form; und diese Form ist dein Bild!“ Derartige Gedanken sind Anfang des 19. als Reaktion auf den Rationalismus des 18. Jahrhunderts gang und gäbe. Dresden, wo sich Friedrich nach seinem Studium an der Kopenhagener Akademie niedergelassen hat, wimmelt vor romantischen Dichtern und Philosophen, die sich mit dem Übersinnlichen beschäftigen, sich der Naturschwärmerei hingeben. „Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge zuerst siehest dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkeln gesehen, dass es zurückwirke auf andere von außen nach innen.“ Als Friedrich 1840 stirbt, ist die Romantik abgeklungen, seine Kunst vergessen. Doch der emotionale Gehalt seiner Bilder ergreift und verführt noch heute.

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