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Selbstporträit mit Spiegeleiern

Sarah Lucas - 704

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In leichter Draufsicht von oben fotografiert, sitzt Sarah Lucas lässig in einem Sessel. Direkt, mit ernster, leicht rätselhafter Miene blickt sie aus dem Bild heraus auf die Betrachtenden. Sie hat eine typische Machohaltung eingenommen: die Arme raumgreifend, platzfordernd auf den Lehnen des Sessels abgelegt, die Beine breit geöffnet, ausladend bis zu den Bildrändern. Die auf den Brüsten der Künstlerin platzierten Spiegeleier sind ein Beispiel dafür, was sie wiederholt in ihren Werken aufgreift: Dinge des Alltags als Entsprechungen für sexuelle Merkmale einsetzen, um damit spielerisch-postfreudianisch normative Codes und Konstruktionen von Geschlecht zu unterlaufen und gesellschaftliche Konditionierungen vorzuführen. 

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In solchen fotografischen Arbeiten wird die Künstlerin selbst zur temporären Skulptur – in Kombination mit Dingen, die sie mit oder auf ihrem weiblich-androgynen Körper arrangiert hat. Der Schachbrettfußboden, traditionell als Bodenbelag in Küchen verwendet, also in jenem Bereich des Hauses oder der Wohnung, der seit der Romantik der Frau zugeordnet wird, fungiert hier als eine Art Bühne mit Sarah Lucas selbst als zentraler Figur in der Mitte des Raums. 

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Wovon spricht dieses Werk, wenn wir es 2024 – also 28 Jahre nach seiner Entstehung − betrachten? Die feministische Kritik an konventionellen Geschlechterrollen hat sich seither weiterentwickelt. Wir erkennen Erfolge, aber auch Rückschläge in Fragen der Gleichberechtigung. Binäre Konstruktionen von Geschlecht werden zunehmend durchlässig gemacht. Feminismus wird verstärkt intersektional gedacht. Und dennoch ist die patriarchal strukturierte Gesellschaft weiterhin Realität. 

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Sarah Lucas löst die Maskulinitäten vom männlichen Körper, lässt sie sichtbar werden als Konstruktionen, indem sie als Frau sie übernimmt und in ihren Arbeiten selbst performt. Zugleich befreit sie damit ihre Identität als Frau von jener Tyrannei der Codes und Symbolsprachen der Geschlechter. In ihren Werken bewegt sie sich dabei ebenso wüst wie elegant durch projizierte Zuschreibungen und soziale Modelle, mit denen hegemoniale Männlichkeit und normative Weiblichkeit gebildet werden – und zeigt, dass Sexismus und Misogynie Teile dieser Geschlechterkonstruktionen sind.

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»Ich mag es sehr, mich in das Kerlsein hineinzusteigern, definitiv. Ich liebe es. Ich liebe das ganze Geplänkel. Deshalb würde ich so etwas Fadenscheiniges sagen, wie ›Ich bin ein besserer Kerl als die meisten Kerle‹. Aber es wertet meine Arbeit so sehr auf, dass ich eine Frau bin, die das macht. Und es fasziniert mich, warum sie so viel stärker sein soll, weil ich in gewisser Weise geschlechtsspezifisch bin. Aber es ist so.«

Hector-Bau > Ebene 0 > Ausstellung Raum 1

Self-Portrait with Fried Eggs. 1996
Sammlung Goetz, München
© Sarah Lucas. Courtesy Sadie Coles HQ, London, Foto / Photo: Angus Fairhurst

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