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Chicken Knickers

Sarah Lucas - 705

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Es ist ein sensibles Gespür für Bedeutungsräume, das Sarah    Lucas’ fortwährendem Spiel aus Worten und Bildern zugrunde liegt und das sie mit teils grotesken Attributen auch an ihrem eigenen Körper ausführt. Zwei dieser fotografierten Konstellationen werden hier an gegenüberliegenden Wänden als überdimensionale Wandbilder gezeigt: Got a Salmon On #1 und Chicken Knickers, jeweils aus dem Jahr 1997. 

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Beide Arbeiten zeigen die Künstlerin selbst, teils in Ausschnitten, in Interaktion mit zum Verzehr gedachten Lebensmitteln. In Chicken Knickers sehen wir den Unterleib der Künstlerin von den Oberschenkeln bis kurz über den Bauchnabel, bekleidet mit einem weißen, betont unerotischen, solide-funktionalen Schlüpfer, der an den Rändern mit einem extrem sparsamen Spitzenbesatz versehen ist. Vor der Unterhose ist ein gerupftes, küchenfertiges Huhn platziert. Auf Höhe der Vulva klafft ein vertikaler Spalt im Tierkörper, hinter dem sich die leere Bauchhöhle des ausgenommenen toten Huhns befindet. Die Bildkomposition verweist auf visuelle Wortspiele – beispielsweise ist »broad faced chicken« im Englischen ein umgangssprachliches vulgäres Wort für Vulva.

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In Got a Salmon On #1, dem linken der drei großformatigen Bilder, hält Lucas einen ganzen Lachs auf dem Arm: in den Händen Kopf und Körper, die Schwanzflosse reicht bis über ihre Schulter. Sie selbst trägt ein Nadelstreifenjackett mit breiten Schulterpolstern, ausgewaschene Jeans mit Löchern an den Knien, einen Rollkragenpullover und schwarze klobige Schuhe mit Absatz. Sie steht im Außenraum vor einer schmutzig-braunen Backsteinwand, übersät mit Graffiti-Tags, hinter ihr eine vergitterte Tür mit dem Schriftzug »MEN« in Großbuchstaben darüber. Vor dieser öffentlichen Herrentoilette posierend, greift sie auch mit dem Lachs diverse Wortspiele auf, vor allem zu männlichen Geschlechtsteilen − und übersetzt sie in bildliche Arrangements, in Posen. Auch hier zeigt sie eine trotzige Weiblichkeit oder vielmehr eine trotzige weibliche Männlichkeit, die die Absurditäten sozialer Normen mit beißendem Humor unterstreicht.
Es ist diese Vermischung von Kunst und Leben in der Person Sarah Lucas, die das Unterlaufen von Normen im eigenen Alltag lebt und dies zum Thema ihrer Kunst gemacht hat: 

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»Nun, ich spiele gerne mit Geschlechterklischees. Und ich mag Androgynie. All diese Bedeutungen sind Konstrukte, und sie sind eigentlich ziemlich fragil. Sie könnten auch anders sein. [...] Frauen könnten Aggressoren sein. Oder breitbeinig im Bus sitzen und zwei Plätze einnehmen. Männer könnten die Röcke tragen. Bisexualität könnte der normale Weg für beide Geschlechter sein ...«

Hector-Bau > Ebene 0 > Ausstellung Raum 2

Chicken Knickers. 1997
Courtesy die Künstlerin und / the artist and Sadie Coles HQ, London
© Sarah Lucas. Courtesy Sadie Coles HQ, London

Got a Salmon On #1. 1997
Courtesy die Künstlerin und / the artist and Sadie Coles HQ, London
© Sarah Lucas. Courtesy Sadie Coles HQ, London, Foto / Photo: Angus Fairhurst

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