Gemeinfrei
(

Kunsthalle Mannheim

)

Le Coq mort

Der tote Hahn
The Dead Cockerel
1894

James Ensor

(1860-1949)

Material / Technik
Öl
textiler Bildträger
Kategorie des Exponats
Malerei
Gattung
Stillleben
Beschriftung / Signatur
Signatur: sign.u.r. "J. Ensor 94"
Erwerbungsjahr
1956
Maße
80,00 cm x 100,00 cm
Standort

nicht ausgestellt

Einstieg

James Ensor breitet in diesem Gemälde Äpfel und Birnen, Weintrauben und Zwiebeln vor uns aus. Die Trauben leuchten intensiv, wirken frisch und voller Leben – nähern wir uns aber dem Bildzentrum, bemerken wir den Tod. Das bunte Gefieder des kopfüber hängenden Hahns ist nur noch ein Abglanz des Lebendigen. Und auch die welken Blätter des Lauchs deuten auf einen unaufhaltsamen Verfall.

Der belgische Maler nutzt hier eine für Stillleben klassische Symbolik, die in der niederländischen und flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts eine Blüte erlebte und auf die Vergänglichkeit allen Daseins zielt. Gleichzeitig aber mildert er die Schwere des Todes durch das strahlende Licht seiner Malerei, das sich in ein Zeichen des lebendigen Augenblicks verwandelt. Die Bildgattung des Stilllebens besitzt für Ensor eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Seit den frühen 1880er Jahren taucht es in seinen Arbeiten auf, mal von Masken und Skeletten – einem Markenzeichen Ensors – bevölkert, mal wie hier als detailgenaue Inszenierung.

Einstieg

Among the items spread out before us in this painting by James Ensor are apples and pears, grapes and onions. The grapes glow intensely, appearing fresh and full of life—but as we approach the center of the picture we are confronted with death. The colorful plumage of the cockerel hung by its feet is only a pale reflection of the living, and the wilted leaves of the leeks also allude to inexorable decay.

Here, the Belgian artist employs classical still-life symbolism, which experienced its zenith in 17th-century Dutch and Flemish painting, to give expression to the transience of all things. He does, however, simultaneously temper the gravity of death through the brilliant light of his painting, transforming it into a symbol of the living moment. For Ensor, the still-life genre possesses great importance and constantly reappears in his work from the early 1880s onward: sometimes populated by masks and skeletons—one of Ensor’s trade marks—and sometimes, as here, characterized by precisely detailed stagings.

Creditline

Ankauf mit Unterstützung der Unternehmen Louis Bahner Elbeowerke; C.F. Boehringer & Söhne; Brown, Boveri & Cie. AG, Mannheim; Carl Freudenberg KG, Weinheim; Mannheimer Motorenwerke; Kaufhaus Vetter, Mannheim; Joseph Vögele, Mannheim 1956

Inhalt und Themen
Nahrungsmittel
Früchte
Gemüse
Tiere
Hühner
Tod
Licht
Blau
Weiß
polychrom polychromatic
Schüsseln
Tisch
Textilien
Korb
Multimedia
Audio file

An einem Balken hängt ein toter weiß-schwarz gefiederter Hahn zum Ausbluten in einer losen Schlinge. Links von ihm lägen die Zutaten zu einer Hühnersuppe -Karotten, Lauch, Zwiebeln - und dann ist da noch der mit gelben und blauen Lichteffekten gespickte, welke Kohl. Rechts des Kadavers, arrangiert vor einem Weidenkorb mit Weißkohlblättern, versprechen Trauben und Birnen ein fruchtiges Dessert. Doch der Belgier James Ensor hat kein Menü im Sinn, als er im Alter von 34 Jahren diese "nature morte" malt. Der Maler und Grafiker nutzt eine für Stillleben klassische Symbolik, die in der niederländischen und flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts sehr beliebt war und auf die Vergänglichkeit allen Daseins zielt. Die Anordnung der dargestellten Gegenstände verweist auf diese höhere Bedeutungsebene des Bildes: Dem schon etwas welken Gemüse links gewinnt Ensor mit besonders feinen Farbnuancen überraschende Schönheit ab. Die prallen, frischen Früchte auf der rechten Seite lässt er geradezu strahlen. Formaler wie auch inhaltlicher Mittelpunkt dieser Gegenüberstellung ist der von Blutspritzern umgebene tote Hahnenkopf. Die scheinbar harmlos arrangierten Gegenstände wechseln in ein makabres Vanitas-Szenario: Alles Menschenwerk ist eitel, das Irdische nicht von Dauer. Fällt Ihnen die außerordentliche Plastizität von Ensors Farbmodulation auf? Das Weiß der Tischdecke zeigt eine andere Struktur und Stofflichkeit als das der wehenden Gardine. Dahinter eine grob weiß gekalkte Küchenwand mit blauen Schründen. Davor die unterschiedlichen Weißtöne des Gefieders und die ins gelbliche changierenden Weißkohlblätter. Ensor zaubert dank feinster Farbabstufungen, Detailreichtum und eigenwilliger Lichtreflexe eine vergehende Symphonie in Weiß auf seine 80 x 100 cm große Leinwand. Doch sein Können findet keinen Anklang. Bisherige Arbeiten waren vom Antwerpener und Brüsseler Salon zurückgewiesen worden, seine Malergruppe "Les XX" schließt ihn aus. Kritiker machen ihn nieder. Viele Jahre später schildert Ensor, der vom belgischen König erst zum Ritter, dann zum Baron ernannt wird, diese traumatischen Anfänge: "Ein Hagel von Verrissen stürzt auf mich ein; seither lasse ich meinen Schirm nicht mehr los; man beschimpft, beleidigt mich, ich bin verrückt, blöd, böse, schlecht, unfähig, unwissend; einfacher Kohl wird zur Schande!"

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