© Philipp Harth
(

Kunsthalle Mannheim / Rainer Diehl

)

Tiger

1936

Philipp Harth

(1885-1968)

Material / Technik
Bronze
Kategorie des Exponats
Skulptur
Gattung
Rundplastik
Freiplastik
Beschriftung / Signatur
Signatur: bez. "PH" (Standplatte, Schmalseite unter dem Schwanz); "Guss: H. Noack Berlin-Friedenau" (Standplatte vorne links, wenn Kopf nach rechts zeigt). Pr 20. Feb. 2009
Erwerbungsjahr
1937
Maße
126,00 cm x 312,00 cm x 45,00 cm
Standort

Öffentlicher Raum > Skulpturenplatz Kunsthalle Mannheim

Einstieg

Schon früh in seiner Karriere wählte der Bildhauer Philipp Harth die Tierwelt zum Hauptmotiv seiner Kunst. Mit außergewöhnlicher Konsequenz und Ausdauer studierte er einheimische und exotische Tierarten, die er sowohl zeichnerisch wie auch plastisch darstellte. Hierfür besuchte er zoologische Gärten und beobachtete die Tiere in ihrer natürlichen Körperlichkeit und Bewegung, ihrem Ausdruck und ihren gattungsspezifischen Eigenheiten.

Harth hielt seine Seheindrücke nie unmittelbar fest. Erst im Atelier entstanden erste Skizzen, die er aus dem Gedächtnis anfertigte. Seine sehr realistische Formensprache lässt diese reine Erinnerungsleistung nicht erahnen. Der »Tiger« beeindruckt durch seine lebensgroße, ausgewogene Körperlichkeit. Die Bronzeskulptur vereint in sich den Gegensatz von Ruhe und Bewegung. Während der vordere Teil der Raubkatze majestätisch aufgerichtet ist und regungslos in Schrittstellung verharrt, scheint ihr übriger Körper in spannungsvoller Bewegung begriffen. Dennoch ist die Plastik kein bloßes Naturabbild: Durch die Betonung klarer Formen und Linien arbeitet Harth die für den Tiger typische animalische Wesensart und geschmeidige Bewegungsfähigkeit der Großkatze heraus.

Hintergrund

Schon früh in seiner Karriere wählte der Bildhauer Philipp Harth (1885–1968) die Tierwelt sowohl zeichnerisch als auch plastisch zum Hauptmotiv seiner Kunst. Er besuchte zoologische Gärten und beobachtete die Tiere in ihrer natürlichen Körperlichkeit und Bewegung, ihrem Ausdruck und ihren gattungsspezifischen Eigenheiten. Erst im Atelier entstanden Skizzen, die er aus dem Gedächtnis anfertigte. Der »Tiger« beeindruckt durch seine lebensgroße, ausgewogene Gestalt. Die Bronzeskulptur vereint in sich den Gegensatz von Ruhe und Bewegung. Während der vordere Teil der Raubkatze aufgerichtet ist und regungslos in Schrittstellung verharrt, scheint ihr übriger Körper in spannungsvoller Bewegung begriffen. Dennoch ist die Plastik kein bloßes Abbild der Natur: Durch die Betonung klarer Formen und Linien arbeitet Harth die typische animalische Wesensart und geschmeidige Bewegungsfähigkeit der Großkatze heraus.

Philipp Harth und der Nationalsozialismus

Insbesondere Raubkatzen wie Löwen oder Tiger symbolisierten in der Ideologie der Nationalsozialisten Macht, Stärke und Mut. Harths Skulpturen stimmten insofern mit der NS-Propaganda überein, indem sie in künstlerischer Form auf die Erhabenheit bestimmter Tierarten setzten. Der kämpferische Tiger, der Stärke ausstrahlende Löwe oder die symbolisch aufgeladene Adlerfigur in Harths realistisch-archaischer Formsprache gehörten zu den besonders beliebten Darstellungen aus dem Repertoire des Künstlers, die mit der NS-Kulturpolitik vereinbar waren. Die Skulptur des schreitenden Tigers wurde so auch zum Vorzeigewerk der nationalistischen Kunst des Dritten Reichs auf internationalen Kunstausstellungen, wie 1937 bei der Weltausstellung in Paris. Seit dem Ankauf der Bronze im selben Jahr durch die Kunsthalle Mannheim unter Direktor Walter Passarge wird der Tiger vor der Kunsthalle im öffentlichen Raum gezeigt.
Das Verhältnis des Künstlers zum Nationalsozialismus bleibt jedoch widersprüchlich: Die anfängliche Befürwortung der Nationalsozialisten erleichterte es Harth, bis Anfang der 1940er Jahre an seine ersten Erfolge als Tierbildhauer in den 1920er Jahren anzuknüpfen und weiterhin als Künstler tätig zu sein. 1941 zog er sich aus Berlin zurück und verbrachte die letzten Kriegsjahre in Offenhausen auf der Schwäbischen Alb. Kurz vor Kriegsende distanzierte er sich zusehends von der Politik der Nationalsozialisten, die ihn 1943 wegen Denunziation von der Gestapo verhaften und seine Berliner Wohnung zerstören ließen.

DENKMAL oder MAHNMAL – WIE GEHEN WIR HEUTE MIT KUNST UND IHRER VERBINDUNG ZUM NATIONALSOZIALISMUS UM?

Die fragwürdigen Verstrickungen vieler Künstler und Künstlerinnen mit der Geschichte des Nationalsozialismus gingen in der Nachkriegszeit nicht selten mit einer sozialen Rehabilitierung einher. Eine der zentralen Fragen in Hinblick auf eine kultur- wie kunstgeschichtliche Neubewertung der erhaltenen und in öffentlichen Sammlungen verwalteten Kunst mit NS-Vergangenheit bleibt daher die nach der möglichen bzw. nicht möglichen Trennung von Werk und Künstler*in. In vielen Fällen hat die kritische Aufarbeitung der Künstlerbiografie auch zur Folge, dass die Entfernung eines Kunstwerks aus öffentlichen Einrichtungen und Räumen nötig wird. Bleibt eine Skulptur, muss sie zum Mahnmal der Vergangenheit und der nationalsozialistischen Verbrechen werden. Genauso wichtig erscheint die Frage, welche Denkmäler wir im öffentlichen Raum errichten wollen, die die Zukunft im Blick haben?

Einstieg

Early in his career the sculptor Philipp Harth chose the animal world as the central motif of his art. With extraordinary rigor and perseverance he studied native and exotic animals, which he depicted both in graphic and sculptural works. To this end he visited zoos, observing the animals’ natural physicality and movement, their expression and species-specific characteristics. Harth never recorded his visual impressions immediately, only making initial sketches from memory once he was in the studio. His highly realistic language of forms gives no clue to their origin as pure products of memory.

The »Tiger« impresses with its life-size rendition and balanced physicality. The bronze sculpture unites within it the contrasting elements of rest and movement. While the front part of the feline predator is majestically extended, motionlessly frozen in step position, the rest of its body appears to be in tension-laden movement. Nevertheless, the sculpture is no mere portrayal of nature: through the emphasis on clear forms and lines, Harth accentuates the tiger’s animalistic essence and the lissome capacity for movement of the big cat.

Hintergrund

Early in his career the sculptor Philipp Harth (1885–1968) chose the animal world as the main theme of both his graphic and sculptural work. He visited zoos and observed animals in their natural physicality and movement, their expressions and species-specific characteristics. It was only in the studio that he completed sketches from memory. The Tiger impresses with its life-sized, harmonious form. The bronze sculpture unites within it the contrasting elements of rest and movement. While the front part of the predatory cat is extended, motionlessly frozen in step position, the rest of its body appears to be in tension-laden movement. Nevertheless, the sculpture is no mere copy of nature: Through the emphasis on clear forms and lines, Harth accentuates the tiger’s animalistic essence and the big cat’s lissome capacity for movement.

Philipp Harth and National Socialism

In the ideology of National Socialism predatory cats such as lions and tigers played a special role as symbols of power, strength and courage. In this respect Harth’s sculptures conformed to Nazi propaganda insofar as they gave artistic expression to the grandeur of certain animals. The combative tiger, the lion radiating strength, or the symbolically charged eagle figure in Harth’s realistic-archaic formal language are among the especially popular portrayals from the artist’s repertoire which were compatible with Nazi cultural policy. Thus the sculpture of the striding tiger also became a showpiece of the Third Reich’s nationalist art at international art exhibitions, such as the International Exposition in Paris in 1937. Since the acquisition of the bronze by the Kunsthalle Mannheim under its director Walter Passarge in the same year, the tiger has been shown in a public space in front of the museum.
However, the artist’s relationship to National Socialism remained contradictory: His initial endorsement of National Socialism made it easier for Harth to build on his first successes as an animal sculptor in the 1920s through to the beginning of the 1940s and continue to be active as an artist. In 1941 he withdrew from Berlin and spent the last war years in Offenhausen in the Swabian Jura. Shortly before the end of the war he increasingly distanced himself from the politics of the National Socialists, who ordered his arrest by the Gestapo in 1943 due to denunciation and destroyed his apartment in Berlin.

MONUMENT or MEMORIAL – HOW DO WE DEAL WITH ART AND ITS CONNECTION TO NATIONAL SOCIALISM TODAY?

In the post-war period the questionable involvement of many artists with the history of National Socialism was not infrequently associated with their social rehabilitation. Thus one of the central questions with respect to a cultural and art-historical reassessment of art with a National Socialist past held and administered in public collections remains that of the possibility, i.e. impossibility of separating the work and the artist. In many cases the critical reassessment of the artist’s biography has also resulted in the removal of a work of art from a public institution or space. If a sculpture remains in place then it must become a memorial to the past and the crimes of National Socialism. Of equal importance is the question as to which monuments we want to place in public spaces that open up a view of the future?

Creditline

Geschenk der Mannheimer Motorenwerke 1937

Inhalt und Themen
Tiere
Tiger
Exotik
Bewegung
bedrohlich
Außenraum
Schwere
Einzelfigur
gehend

Werke von Philipp Harth :

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