© VG Bild-Kunst, Bonn 2018
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Kunsthalle Mannheim / Margita Wickenhäuser

)

Von Grundmauern

From Foundation Walls
1996

Mario Merz

(1925-2003)

Material / Technik
Stahl
Schraubzwingen
Marmor
Kategorie des Exponats
Skulptur
Gattung
Installation
Erwerbungsjahr
1996
Maße
166,00 cm x 328,00 cm x 328,00 cm
Standort

Hector-Bau > Ebene 2 > Kubus 7

Einstieg

Mitte der 1960er Jahre gehört Mario Merz zu den Mitbegründern der Arte Povera, die »arme«, eher kunstfremde Materialien wie Sand, Kohle, Beton und Wachs in ihre Werke einbezieht. Mit solchen Materialien beginnt Merz 1968 an seiner Reihe der Iglus zu arbeiten, zu der auch »Von Grundmauern« gehört.

Das eigens für die Kunsthalle Mannheim geschaffene Werk besitzt im Kern eine Konstruktion aus Stahlrohr, auf der mit Schraubzwingen Marmorplatten von unregelmäßiger Form befestigt sind. Das Iglu ist für Merz »die ideale organische Form«. Allerdings ist es bei ihm nicht geschlossen wie in den Behausungen der Inuit, sondern weist häufig Durchbrüche in seiner aus Glas, Schiefer, Stoff oder Stein bestehenden Hülle auf.

Der Innenraum des Iglus wird so erfahrbar, gleichzeitig markiert es einen sehr spezifischen Ort. Bei den verwendeten Marmorplatten handelt es sich um Abfallstücke aus Steinbrüchen nahe dem berühmten Carrara in Italien, aus dem schon Michelangelo seine Blöcke bezog. Merz verwendet bewusst kein perfektes Material, denn es soll eine spürbare Wärme besitzen. Das Iglu kann so auch als Bild für allgemein-menschliche Bedürfnisse wie Schutz und Behausung, Gemeinschaft und Wärme verstanden werden.

Einstieg

In the mid-1960s, Mario Merz became a cofounder of the Arte Povera movement, whose members integrated into their works “poor” materials not generally employed in art, such as sand, coal, concrete, and wax. In 1968, Merz began working with such materials in his series of igloos, which includes »From Foundation Walls«.

The work, created specially for the Kunsthalle Mannheim, consists of a core structure of steel tubing onto which marble slabs of irregular shapes are attached by screw clamps. For Merz, the igloo is “the ideal organic form.” However, in contrast to the dwellings of the Inuit, his igloos are not closed structures but frequently display gaps in their outer shells composed of glass, slate, fabric, or stone.

This enables the viewer to experience the interior of the igloo, while simultaneously marking a tightly circumscribed space. The marble slabs consist of waste material from quarries close to the famous Carrara quarry in Italy from where Michelangelo obtained his blocks. Merz consciously uses imperfect material in order to convey a tangible warmth. The igloo can thus be understood as an image of general human needs such as protection and housing, community and warmth.

Creditline

Leihgabe des Förderkreises für die Kunsthalle Mannheim e.V. seit 1996; erworben mit besonderer Unterstützung von Asea Brown Boveri AG, Mannheim; Wolfgang Burger, Mannheim; Freudenberg & Co., Weinheim/Bergstraße; Mannheimer Versicherung AG

Inhalt und Themen
Arte Povera
Iglu
Schutz
Architektur
Innenraum
Fragment fragment
Multimedia
Audio file

Zusammengesetzt aus schweren Marmorplatten. Gehalten von Schraubzwingen. Zwischen den ungleich geformten Einzelteilen Lücken und Löcher. Darunter ist ein dünnes Metallgestell zu erkennen, das die Form vorgibt. So oder so: Dieses Iglu würde Sie bestimmt nicht vor den rauen Winden und Temperaturen arktischer Regionen beschützen. Vermutlich würden Sie eher erfrieren. Und unpraktisch ist das Ganze auch noch, Marmorplatten sind schließlich nicht gerade das leichteste Material! Dem italienischen Künstler Mario Merz geht es jedoch nicht um Praktikabilität oder Perfektion. Stattdessen möchte er Gedanken und Emotionen wecken. Er spielt auf das häusliche Bedürfnis nach Geborgenheit, Schutz und Wärme an. Dass Sie in diesem Iglu allerdings nur in seinen Grundzügen widergespiegelt finden. Was fühlen Sie beim Anblick dieser Behausung? Das Iglu ist für den Bildhauer Merz zugleich "die ideale organische Form". Eine Halbkugel, aufgesetzt auf die Erdkugel. Es ist eines seiner Hauptmotive. Häufig haben seine Iglus jedoch wie hier Löcher, Brüche, Lücken. So wird auch der Innenraum erfahrbar und nicht verschlossen. Als Mitbegründer der Arte Povera nutzt Merz arme, alltägliche, also kunstfremde Materialien wie Sand, Wachs oder Beton. Auch die verwendeten Marmorplatten sind eigentlich Abfall. Bruchstücke aus Steinbrüchen nahe dem berühmten Carrara in Italien. Von dort bezog schon Michelangelo die Blöcke für seine Skulpturen. Aus dem Zusammenspiel von Material und Verarbeitung entsteht ebenso eine Kombination von Provisorium und Utopie. Das lückenhafte, unvollständige Iglu weckt gleichzeitig den Wunsch nach Häuslichkeit und Sicherheit. Als Lebensraum taugt Merz' Iglu-Skulptur "Von Grundmauern" vielleicht nicht. Als Symbol dafür umso besser.

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