Felix Hartlaub (1913-1945) war der Sohn des Direktors der Kunsthalle Mannheim Gustav Friedrich Hartlaub (1884-1963). Während der Vater mit seinem avantgardistischem Programm Kunstgeschichte schrieb, träumte, zeichnete und schrieb sich der frühbegabte Sohn Felix – angeregt durch die Ausstellungen in der Kunsthalle – in phantastische Welten, bevölkert von Monstern und Ungeheuern, geprägt von Sehnsüchten, Ängsten und Weltuntergangsvisionen. Gefördert, aber auch gefordert von den Eltern schuf er Zeichnungen von beeindruckender Kraft und Reife. Der Vater wiederum ließ sich vom Talent des Sohnes begeistern und begann in den 1920er-Jahren eine intensive Auseinandersetzung mit der künstlerischen Begabung von Kindern und Jugendlichen, die in der Ausstellung und Publikation „Der Genius im Kinde“ und in der Gründung des „Internationalen Archivs für Jugendzeichnungen“ in der Kunsthalle Mannheim gipfelte. Das Werk des jungen Zeichners lässt sich eng mit der Geschichte der Kunsthalle Mannheim verknüpfen. Vom Vater organisierte Ausstellungen wie „Fastnacht in der Kunst“, die Einzelschauen zu James Ensor, Alfred Kubin und Edvard Munch wirkten nachhaltig auf den Sohn. Das Interesse an Ensor mag sich durch die Belgien-Reise, die Vater und Sohn 1927 unternahmen, noch verstärkt haben, auch wenn sich ein Besuch bei dem geschätzten Künstler nicht nachweisen lässt. In den Zeichnungen von Felix Hartlaub jedoch schlug sich das Werk Ensors nieder: Seine Neigung zu verzerrten, grotesken, maskenhaften Gesichtern und Fratzen ist neben dem Einfluss von Alfred Kubin sicherlich auf das Vorbild Ensors zurück zu führen. Das Werk Ensors ist übrigens momentan in einer großen Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim zu entdecken (bis 3.10.).Das Leben Felix Hartlaubs nahm einen ungewöhnlichen Verlauf, sein Ende bleibt im Dunkeln. Nach dem Studium und einer Promotion zu einem historischen Thema gehörte Hartlaub von Mai 1942 bis März 1945 dem Bearbeiterstab des Kriegstagebuchs beim Oberkommando der Wehrmacht an und hatte während dieser Zeit Zutritt zum äußeren Sperrkreis in den Führerhauptquartieren, wo er Kenntnis über Interna der Kriegsführung erhielt. Im April 1945 wurde er zu einer Infanterie-Einheit an die Front bei Berlin abkommandiert, kam dort jedoch nie an und galt seitdem als vermisst. Seine offizielle Todeserklärung erfolgte 1955. Seine Aufzeichnungen – literarische Entwürfe, Fragmente, Beobachtungen des Lebens im faschistischen Italien, in der deutschen Reichshauptstadt und im besetzten Paris – , die von ihm vermutlich als Skizzen für später auszuarbeitende erzählerische Werke gedacht waren, wurden 1955 in unvollständiger und bearbeiteter Form von seiner Schwester Geno Hartlaub herausgegeben.Matthias Weichelt, Chefredakteur der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“ hat die Biografie Felix Hartlaubs  in seinem 2020 bei Suhrkamp erschienenen Buch „Der verschwundene Zeuge – Das kurze Leben des Felix Hartlaub“ lebendig und in all seiner Ambivalenz und Zerrissenheit in äußerst lesenswerter Form nachgezeichnet. Am Dienstag, 13. Juli 2021, 19 Uhr, spricht der Autor im Heidelberger Kunstverein, Hauptstraße 97, mit Hanne Knickmann vom Freundeskreis Literaturhaus Heidelberg  und Melanie Hartlaub, der Nichte Hartlaubs, über sein Buch und das Leben des „verschwundenen Zeugen“.

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