Ein Gastbeitrag von Clemens Glade, Visitflanders

James Ensor (1860–1949) war einer der wichtigsten Erneuerer der Modernen Kunst in Belgien und hat maßgeblich zur Entwicklung des Surrealismus und des Dadaismus beigetragen. Sein Werk ist eng mit Oostende verbunden. Hier verbrachte er die meiste Zeit seines Lebens. Und hier können Sie noch tiefer als bisher in Leben und Alltag des großen Künstlers eintauchen und seine gesamte Geschichte kennenlernen: Im Sommer 2020 wurde das renovierte Ensor Haus eröffnet, kürzlich erfolgte die Einweihung der neuen Ensor-Experience in direkter Nachbarschaft. Ein digitaler Stadtrundgang durch Oostende führt Sie zu allen Orten, die für das Leben und die Arbeit Ensors wichtig waren. Im Museum Mu.Zee schließlich ist dem Oeuvre ein ganzer Museumsflügel gewidmet.

Den Tag in Oostende im Geiste Ensors sollten Sie am frühen Morgen am Strand beginnen. Setzen Sie sich ans Kasino an der Albert-I-Promenade, so wie es der Künstler häufig tat, schauen Sie hinaus und dabei doch zugleich nach innen. Blicken Sie aufs Meer und beobachten Sie, wie die aufgehende Sonne erst alles mit einem leicht violetten Schimmer überzieht, um dann in rötlichen Farben zu explodieren. Genau an dieser Stelle zeigt ihn ein Foto (vor dem Vorgängerbau des heutigen Kursaals), hier sammelte er Material für seine skurrilen, symbolisch dichten, morbiden Bilder.

Kugelfisch und Totenkopf
Der international anerkannte Großmeister, dessen Werke in renommierten Museen auf der ganzen Welt zu sehen sind, verbrachte sein gesamtes Leben in nur einer Straße: der Vlaanderenstraat. Ab 1917 bis hin zu seinem Tod im Jahr 1949 bewohnte er die Hausnummer 27. Es ist als Ensor Haus bis heute in seinem originalgetreuen Zustand erhalten, frisch renoviert und um ein Besucherzentrum ergänzt.

Er hatte das Gebäude von seinem Onkel, einem Kuriositätenhändler, geerbt und lebte hier mit seinem Diener. Nichts ist seither verändert, überall stehen Vitrinen mit Muscheln, ausgestopften Tiere und sonderbaren Dingen, an manchen soll noch ein Preisschild kleben. Von der Decke baumeln Kugelfische, dunkle Tapeten tauchen die Szenerie in ein geheimnisvolles Licht, dicke Teppiche dämpfen die Schritte. In der Ecke auf einer Vase ein Totenkopf, geschmückt mit einem Damenhut. Dazu Masken und immer wieder Masken – das Motiv, das sich ständig in Ensors Bildern wiederfindet, auf das man ihn häufig reduziert.

Spazieren mit James
Oostende hat Ensor nachhaltig beeinflusst – sein gesamtes Leben verbrachte er hier. Ohne die Stadt am Meer und ihren Einfluss hätte es sein künstlerisches Werk in dieser Form wohl nicht gegeben. Laufen Sie einfach selbst los: Eine neue App führt Sie auf einem Spaziergang vorbei an 13 Stationen durch die Straßen, über die der Künstler lief, lässt ihn zu Wort kommen, vermittelt Ihnen seine Geschichte und die seiner Heimatstadt. Ob Sie Ensor nach einem Besuch in Oostende besser kennen? Seine Kunst leichter durchdringen? Besprechen Sie es doch einfach selbst mit ihm: An seinem Grab in der Kirche Onze Lieve Vrouw ter Duinen. Ihm hätte Ihr morbides Selbstgespräch sicher gefallen.

Weitere Infos: www.ensorstad.be/de/

Tipp: Noch bis August zeigt eine Ausstellung im Ensor-Haus Werke aus der Sammlung der KBC Bank, darunter fast alle existierenden Drucke, dazu Radierungen, Kaltnadelradierungen und Lithografien, Ölgemälde und Zeichnungen.

Neugierig auf Oostende geworden? Besucher*innen der Kunsthalle Mannheim können an einem Gewinnspiel teilnehmen: Unter allen richtigen Einsendungen verlosen die Kunsthalle Mannheim und Visit Flanders eine hochwertige Kunstreise nach Oostende. Enthalten sind die Zugfahrt, zwei Hotelübernachtungen, ein Dinner und der Eintritt in das James Ensor-Haus und das MuZee. Die Teilnahmekarten sind ausschließlich vor Ort in der Kunsthalle erhältlich.    

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